»Holly« von Stephen King

18.10.23

Privatermittlerin Holly Gibney steckt in einer Lebenskrise, da erhält sie einen Anruf: »Meine Tochter Bonnie ist vor drei Wochen verschwunden, und die Polizei unternimmt nichts.« Ihre Nachforschungen führen Holly zu einer weit zurückreichenden Liste ungelöster Vermisstenfälle. Alle spielen im Umfeld eines inzwischen emeritierten Ernährungswissenschaftlers mit dem Spitznamen Mr. Meat. Holly hat schon gegen grausame Gegner bestanden, aber hier begegnet sie dem schlimmsten aller Ungeheuer: dem Menschen in seinem Wahn.

Auf das neuste Buch von Stephen King war ich sehr gespannt. Im Vorfeld habe ich bereits einige interessante Meinungen dazu gehört und als ich das Buch endlich in Händen halten konnte, habe ich gleich zu lesen angefangen. Holly ist uns bereits aus einigen anderen Stephen King-Büchern bekannt und ist mit der Zeit zu einem Charakter avanciert, den ich gerne begegne.

Inmitten von Corona, in der die Handlung rund um Holly spielt, hat es die titelgebende Figur des Buches nicht einfach. Mit ihren Macken und ihrer nicht einfachen Vergangenheit hat sich Holly zu einer selbstbewussten Person entwickelt. Holly hält sich streng an die Corona-Vorschriften, trägt Masken, desinfiziert und vermeidet Handschläge, das komplette Gegenteil zu dem, wie sich manch anderer Charakter in diesem Buch verhält. Nachdem Hollys Mutter an den Folgen von Corona stirbt, reißt der Einfluss von ihr auf Holly nicht ab.

Um sich vom Tod ihrer Mutter abzulenken nimmt Holly sich dem Vermisstenfall um Bonnie Dahl an, die eines Abends spurlos verschwunden ist. Die Polizei geht davon aus, dass Bonnie ausgerissen ist, da sie eine entsprechende Notiz finden. Doch Bonnies Mutter ist da anderer Ansicht. Im Verlaufe der abwechslungsreichen Handlung werden politische Themen rund um Trump und Corona wiederholt aufgegriffen, was mir ein wenig den Lesespaß genommen hat. Ich hatte das Gefühl, dass Stephen King, der sich in seinen früheren Werken ebenfalls politisch in seinen Romanen positioniert hat, dieses Mal ein wenig zu dick aufgetragen hat.

Die wechselnden Perspektiven zwischen Holly, dem emeritierten Professoren-Paar und später auch um Barbara Robinson, bringen eine ansprechende Abwechslung in den Spannungsaufbau und ich habe die Sicht aus der Perspektive der Täter sehr gerne gelesen, um sie besser verstehen zu können. Die Gründe für deren Taten kann ich gut nachvollziehen, doch die Taten an sich und wie sie an ihre Zutaten gelangen hat mir immer wieder einen Schauder über den Rücken laufen lassen. Doch zum Schluss hin fand ich die zwar kurzen Kapitel mit Barbara und der Dichterin Olivia interessant, doch man merkt, dass King das Ende künstlich hinauszögert. Leider auf Kosten der Spannung. Auch das hat mir den Lesespaß und Neven geraubt - als wäre das Ende, auch wenn es vorhersehbar war, nicht schon nervenaufreibend genug. Generell ist die Handlung in Stephen Kings Holly sehr geradlinig angelegt, was ich nicht schlimm finde, der packende Schreibstil und die wunderbar ausgearbeiteten Charaktere, ob nun gut oder böse, haben mich immer wieder zum Buch greifen und es schwer aus den Händen legen lassen. Da waren am Tag hundert Seiten und mehr schnell gelesen.

Während ihrer doch recht alleinigen Untersuchung des Falls (denn Hollys Mitarbeiter sind entweder durch Corona in Quarantäne oder durch ihr Buchprojekt in New York unterwegs - und können so nur bedingt weiterhelfen), in dem sie auch das Verschwinden von weiteren Personen untersucht, stolpert Holly zum Schluss immer wieder über das Professoren-Paar, die immer wieder in Verbindung zu den Verschwundenen zu stehen scheinen. Es kommt, wie es kommt und Holly begibt sich in die Höhle der Löwen und es das Wettrennen gegen die Zeit beginnt.

Im Großen und Ganzen ist Holly von Stephen King zwar spannend zu lesen, auch wenn ich vom Autor besseres gewohnt bin. Die immer wiederkehrenden politischen Ansichten des Autors schmälern meiner Meinung nach den Lesespaß. Doch der Abstieg in die menschlichen Abgründe, die sehr gut ausgearbeiteten Charaktere und der einnehmende Schreibstil konnten das Buch noch retten, auch wenn die Idee an sich nicht neu ist. Ich wurde mit Holly wunderbar unterhalten, doch fehlte mir ein wenig das gewisse Etwas und bin zum Schluss hin doch ein wenig enttäuscht und bin mir sicher, dass Stephen King das besser kann.

Verlag: Heyne / Seiten: 640 / Genre: Spannung / Einband: Hardcover mit Schutzumschlag / Übersetzer: Bernhard Kleinschmidt / Preis: 28,00 Euro (D) / ISBN: 9783453274334 / Holly von Stephen King kaufen*

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4 comments

  1. Hallo Nico,

    je mehr Rezensionen ich dazu lese, umso neugieriger werde ich.

    Dass sich King allzu sehr in seinen politischen Ansichten verliert, wird immer wieder erwähnt. Wahrscheinlich hat er ein Ventil gebraucht, um es rauszulassen. Es ist bedauerlich, dass es auf die Qualität des Romans drückt.

    Insgesamt klingt es nach einem gut zu lesenden Buch. Der Reiz der Figur Holly dürfte wohl einiges ausbügeln, und ich finde es nicht schlimm, dass sie eher auf sich gestellt ist. Meistens mag ich sogar seine Romane viel mehr, wenn nur wenige Personen die Handlung betreten.

    Schade, dass der letzte Funke fehlt, um richtig zu überzeugen.

    Ich freue mich auf dieses Abenteuer mit Holly, auch wenn es noch ein bisschen dauern wird.

    Liebe Grüße
    Nicole

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    1. Hallo Nicole,

      wenn man die politischen Themen aus dem Roman rausnimmt, ist Holly durchaus ein sehr gut zu lesendes Buch. Aber für mich war dieser Fingerzeig auf Corona und Trump einfach zu viel des Guten. Vielleicht war es auch einfach zu früh, solche Themen in einem Buch anzusprechen. Vielleicht hätte es in fünf Jahren anders ausgesehen.

      Ich wünsche dir dennoch viel Spaß mit dem Buch, wenn es soweit ist. :)

      LG
      Nico

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  2. Hi Nico!

    Das haben wir dann ja anscheinend recht ähnlich empfunden. Ich glaube, das Corona Gerede hätte mich nicht so immens gestört, wenn die Handlung an sich nicht auch so geschwächelt hätte.
    Barbaras Part empfand ich als völlig überflüssig und nur dazu da, um die Aufklärung rauszuzögern. Sowas bin ich von King nicht gewohnt, also sowas plumpes - in meinen Augen. Aber gut. Ich hab ja noch genug von King was ich noch nicht kenne und hoffe, das nächste wird dann wieder besser :)

    Liebste Grüße, Aleshanee

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    1. Hallo Aleshanee,

      Ja, Barbaras Part zum Schluss hin fand ich auch plump. Das hat für mich den Spannungsbogen abgeschwächt. Lieber hätte ich da alles Schlag auf Schlag gelesen, als immer wieder durch Barbaras Perspektive abgelenkt zu werden.

      Ich habe auch noch einiges von King zu lesen und hoffe ebenfalls, dass das nächste Buch besser wird.

      Liebe Grüße
      Nico :)

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