[Rezension]: »Frei - Bester Sommer« von Sarah Welk
8.4.25Berlin, Hamburg, Neapel, Wien … und jetzt: Rottloch. Soll das ein Witz sein? Joshuas Mutter ist eine erfolgreiche Künstlerin, die auf der Suche nach neuen Inspirationen häufig umzieht. Joshua hat sich daran gewöhnt, nirgendwo richtig dazuzugehören. Warum Freunde finden, wenn man in ein paar Monaten ohnehin wieder weg ist? Und nun also ab in ein Kuhdorf, in dem 8-Jährige Traktor fahren. Was hat sich seine Mutter nur dabei gedacht? Doch diesmal kommt es anders. Die neue Schule startet das Schuljahr mit einem absolut verrückten Projekt: Die Jugendlichen sollen in kleinen Gruppen mehrere Tage im Wald verbringen. Mit Übernachten. Und ohne Erwachsene. Und so macht sich Joshua mit seinen Mitschülern Nico, Koray, Nina und Nasrin auf in die Wildnis – und plötzlich ist alles auf den Kopf gestellt.
REZENSION
Der 14-jährige Joshua kann nicht glauben, wo er gelandet ist, nachdem er im idyllischen Rottloch gelandet ist. Hier sagen sich Fuchs und Hase gute Nacht, fahren 8-jährige mit dem Traktor und das Dorf schreit förmlich nach Langeweile. Doch hier glaubt Joshuas Mutter, die berühmte Künstlerin, Pola Berlin, neue Inspiration zu finden. Wie vorher in Hamburg, Berlin, Neapel und einigen anderen europäischen Städten. Mit seinen 14 Jahren ist Joshua bereits einiges gereist, hat viele Menschen kennengelernt, doch Freundschaften konnte er nie schließen. Denn kaum war er an einem Ort angekommen, musste er wieder umziehen.
Das Gute an Rottloch: hier kennt niemand Pola Berlin - fast niemand, und so kann Joshua auch von vorne beginnen, ohne auf ein Kunstobjekt seiner Mutter angesprochen zu werden - das Joshua ultrapeinlich ist. So unscheinbar Rottloch auch sein mag, so unkonventionell ist Joshuas neue Schule. Hier ist eine Mittzwanzigerin Schuldirektorin. Lehrer werden von den Schülern geduzt und in Versammlungen aus Schülern und Lehrern werden wichtige Dinge beschlossen: Kaugummikauen und Musikhören ist während des Unterrichts untersagt, dafür gibt es Sessel im Klassenzimmer, von denen aus man den Unterricht verfolgen kann und wer möchte, kann aus den oberen Stockwerken die Rutsche benutzen, wenn man keine Lust auf die Treppe hat.
Bereits am ersten Schultag wird Joshua noch mehr von seiner neuen Schule überrascht. Die Schüler sollen in Gruppen eine Woche lang im Wald übernachten. Dabei müssen sie jeden Tag zu einer neuen Unterkunft wandern. Wie sollte es auch anders sein, kommt Joshua mit Nico in eine Gruppe. Mit seiner seltsamen Tüte, die er immer bei sich trägt, klopft er gerne Sprüche auf Kosten der Gefühle anderer. Gut, dass noch Nasrin, Koray und Nina ebenfalls in die Gruppe gewählt sind. Am Tag des Ausflugs machen sich die fünf Jugendlichen auf den Weg zur ersten Unterkunft. Während dieses Abenteuers lernen sich die Jugendlichen immer mehr kennen. Doch nicht nur Nico trägt ein Geheimnis mit sich herum, denn auch Koray, hat ein mysteriöses Heft dabei, das Nicos Aufmerksamkeit weckt. Im Wald müssen die Kinder, ganz ohne die Hilfe von Handys (es gibt nur ein Notfallhandy) zurechtkommen - gut, dass sie die Woche zuvor im Unterricht darauf vorbereitet wurden.
Nachdem sie auf einem Umweg ein Messer finden und kurz darauf im Wald auf eine Jurte und Armbrust stoßen, geht mit den Kindern die Fantasie durch. Was für eine Person lebt hier? Wozu braucht sie die Armbrust? Den Kindern wird klar, dass sie hier schleunigst wegmüssen. Sie erreichen ihre Unterkunft und auch am nächsten Tag finden sie die zweite Station an einem See und anders als am Tag zuvor müssen die Kinder heute unter freiem Himmel schlafen. Es kommt, wie es kommen musste. Nico hat mitbekommen, dass Joshua ein Auge auf Nina geworfen hat. Auch wenn sich die beiden gerade erst kennengelernt haben, flattern in Joshs Bauch bereits die ersten Schmetterlinge. Immer wieder fragt er sich, ob Nina ebenso empfindet und jedes Mal, wenn die beiden zusammen sind, drehen seine Gefühle und Gedanken Kreise und er lässt eine dumme Antwort nach der anderen vom Stapel, für die er sich mehr als einmal in den Hintern treten könnte. Nachdem Nico, der ein Auge auf Koray geworfen hat - denn Nico würde allzu gerne wissen, was dieser Koray die ganze Zeit über in sein Heft schreibt, besagtes Heft klaut, dreht Koray durch und prügelt sich mit Nico. Koray flüchtet in den dunklen Wald und als wäre das nicht genug, zieht auch noch ein Gewitter auf.
Frei - bester Sommer von Sarah Wenk ist das erste Buch einer angekündigten Reihe. Es ist das erste Buch von der Autorin, das ich gelesen habe und ich war vom Schreibstil positiv überrascht. Mit Joshua, Nico, Nasrin, Koray und Nina hat sie eine Gruppe ungleicher Jugendlicher geschaffen, bei denen Konflikte vorprogrammiert sind. Doch am Ende des Tages halten die Kinder zusammen und meistern jede Hürde. Sarah Welk hat eine spannende und einfühlsame Geschichte rund um Freundschaft, Mut, Zusammenhalt und die Liebe auf dem ersten Blick geschrieben, die Lust auf mehr macht. Auch wenn das Buch mich in den letzten Tagen super unterhalten konnte, hatte ich am Ende der Geschichte ein unzufriedenes Gefühl. Ich hätte gerne noch mehr über manche Figuren erfahren und habe das Gefühl, nur an der Oberfläche gekratzt zu haben. Auch das Gefühl von Freiheit und Sommer kam bei mir nicht wirklich rüber - in der Richtung hätte ich mir gerne etwas mehr Tiefe gewünscht. Vielleicht ist Frei - bester Sommer auch als eine Art Prolog zu verstehen. Ich bin jedenfalls neugierig auf die Fortsetzung, die bereits im Juni erscheinen soll.
Verlag: arsEdition / Seiten: 266 / Genre: Coming of Age / Einband: Klappenbroschur / Übersetzer: - / Preis: 15,- € (D) / ISBN: 978-3-8458-5754-1
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